Eine Heimunterbringung für Kinder ist meist die Folge einer gescheiterten Familiengemeinschaft. Das hinterlässt bei allen Beteiligten Spuren, in besonderem Maße bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen, deren Persönlichkeitsstruktur noch in Entwicklung begriffen ist. Das Heim übernimmt für einen bestimmten Zeitraum den Erziehungsauftrag, dem die Eltern nicht mehr gerecht werden können; es muss darüber hinaus die Traumatisierungen auffangen und aufarbeiten, die mit diesem Prozess des Scheiterns und seiner Konsequenz, der Trennung von der Familie, einhergehen.
Das beinhaltet einen hohen Anspruch, da pädagogische und therapeutische Haltung keineswegs deckungsgleich sind und vielfach in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen. Das Medium, in dem sie zusammengeführt und zur Wirksamkeit gebracht werden können, ist die persönliche Beziehung.
In der Regel werden Beziehungen spontan und unreflektiert geführt. Beziehungen spiegeln die gesellschaftliche Bandbreite sozialer Kompetenzen. Sie sind auf unterschiedlicher Weise emotional gefärbt und wirken im schlimmsten Fall destruktiv. Hier muss professionales Handeln eingesetzt werden. Alles was pädagogische Fachkräfte mit Kindern tun, müssen sie reflektieren. Das heißt, es ist wichtig, emotionale Beziehung und erzieherische Distanz, mitlaufende Selbstreflexion, spontane Gefühle und menschliche Offenheit und fachliche Verantwortung Einfühlungsbereitschaft und kritische Begleitung:
Damit ist die Bandbreite an Beziehungsnuancen angedeutet, die ein gute Fachkraft in ihrer Person vereinigen und über die er/ sie situationsbezogen verfügen können muss. Hinter vielen Verhaltens- und emotionalen Problemen befindet sich die Ursache in der Kindheit. Meist sind es frühkindliche Bindungsstörungen und daraus resultierende Reifungs- und Entwicklungsverzögerungen, die sich in auffälligem und nicht altersgemäßem Verhalten niederschlagen. Schaffung von Bindungssicherheit und nachholende Entwicklung ist in diesem Fall eine notwendige Voraussetzung. Durch diesen Ansatz ist eine Veränderung auf der Verhaltensebene herbeizuführen. Das gibt den Kindern und Jugendlichen eine Chance, ein eigenverantwortliches Leben gemäß ihrer Neigungen und Fähigkeiten zu erreichen.
Umgesetzt wird diese fachliche Intention auf der Beziehungsebene. Hier entscheidet sich, ob eine erzieherische Intervention Machtverhältnisse durchsetzen soll oder die Notwendigkeit von Kooperation im gemeinsamen Alltag plausibel machen kann, ob sie motiviert oder zu Widerstand reizt, ob sie direktiv zu lenken versucht oder eigene Entscheidungsprozesse beim Kind oder Jugendlichen fördert. Somit entscheidet sich, ob die Wohngruppe zu dem sicheren Hafen werden kann, den ein Kind braucht, um verlorene oder nie erworbene Bindungssicherheit zu erwerben, die es als Basis für die Neuordnung seines inneren Lebens braucht.
Wichtige Aspekte, um eine Bindung zu den Kindern und Jugendliche aufzubauen, sind:
- gegenseitige Wertschätzung und gegenseitiger Respekt als Leitbild, an dem sich der Beziehungsalltag ständig zu messen hat;
- Bereitschaft zur Übernahme einer elternähnlichen Rolle auf Zeit im Rahmen des Erziehungsauftrages;
- reflektierter Umgang mit professioneller Nähe und Fähigkeit zu erzieherischer Distanz;
- Fähigkeit und Bereitschaft zur Selbstreflexion;
- Unterscheidung zwischen persönlicher und sachlicher Ebene;
- Beachtung von Übertragungs- und Gegenübertragungsphänomenen;
- bewusster Einsatz der eigenen Vorbildfunktion
Um den gezielten Rahmen der Nutzung der Beziehungsebene zu gewähren, ist der konzeptionelle Ansatz eines Bezugserziehersystems in unserer Einrichtung eine wichtige Grundlage